„Es ist unerlässlich, dass die zivilgesellschaftlich-demokratische Öffentlichkeit der Vereinnahmung und Besetzung des öffentlichen Raumes durch Rechtsextreme offensiv begegnet“, sagt Bianca Klose Projektleiterin von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR). Möglichkeiten dazu zeigt die Handreichung ,,Ladenschluss Jetzt! Kommunale Handlungsstrategien im Umgang mit rechtsextremer Infrastruktur“. Sie stellt auf 20 Seiten praktische Handlungsvorschläge zusammen, die für Hauseigentümerinnen und Vermieter, zivilgesellschaftliche Akteure, Mieter und Nachbarinnen sowie kommunale Politik und Verwaltung hilfreich sind, wenn sie im Alltag mit „rechtsextremer Infrastruktur“ konfrontiert sind.
Rechtsextreme Erlebniswelten
Auf Dauer angelegte Treff- und Anlaufpunkte eine kontinuierliche Basis für die Schaffung rechtsextremer Erlebniswelten. Das können Kneipen, Tattoostudios, Büro-, Lager-, Seminar- und Bandproberäume, Geschäfte und Imbisse sein. Die Nutzerinnen und Nutzer dieser Angebote müssen nicht zwangsläufig kameradschaftlich organisierte Neonazis sein, stimmen aber in Teilen bestimmten Weltbildern wie Antisemitismus oder Rassismus zu. „Sie sind daher für rechtsextreme Aktivist/innen und Kader ansprechbar, die solche Treff- und Anlaufpunkte als Rekrutierungsfeld für personellen Nachwuchs nutzen“, erklärt die Broschüre. Einmal etabliert kann sich schnell ein Normalitätsgefühl einstellen: „Rechtsextreme Normalisierungsbemühungen zielen auf die permanente Präsenz rechtsextremer Positionen im kommunalen Raum, auf das Senken der Hemmschwelle gegenüber rechtsextremen Inhalten sowie auf deren Verankerung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens“.
Vorsicht ist besser als Nachsicht
Dagegen können alle etwas tun. Zwar gibt es keine Patentrezepte. Jede kommunale Situation ist anders. Doch die Broschüre gibt Orientierung: Betreiberinnen von Kneipen können Hausverbote erteilen, Vermieter können kündigen. Doch man braucht sich nicht nur auf Reaktion beschränken. Ein Vermieter kann sich zum Beispiel durch vertragliche Regelungen davor schützen, dass in seinen vermieteten Räumen Produkte mit einem Bezug zur Neonazi-Szene verkauft werden oder Neonazi-Veranstaltungen stattfinden. In Zusammenarbeit mit dem Berliner Rechtsanwalt Sven Richwin hat die MBR Standardklauseln für Gewerbemietverträge für Ladengeschäfte oder Gasstätten entwickelt. Solche Maßnahmen sind von großem Vorteil, um späteren Problemen vorzubeugen. Wenn es schon zu spät ist und ein Szeneladen eröffnet hat, zeigen nützliche Musterbriefe, wie sich zum Beispiel ein Bezirksstadtrat an Vermieter von den entsprechenden Gewerberäumen richten kann.
Große Zahl schafft Überlegenheit
Mit rechtsextremen Infrastrukturen auf der kommunalen Ebene umzugehen, bedeutet Zusammenarbeit mit allen betroffenen Akteurinnen und Akteuren. Und vor allem gegenseitige Unterstützung: ,,Nur ein einheitliches, aufmerksames Zusammenwirken von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft berlinweit kann den Sumpf der rechtsextremen Infrastruktur austrocknen helfen“ sagt Lichtenbergs Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich in den Grußworten zur Broschüre. „Auch wenn ein Ladenschluss nicht immer erreicht werden kann, zeigen die vielen ermutigenden Beispiele aus Berlin, dass Widerstand gegen rechtsextreme Infrastruktur auf vielfältige Weise möglich ist und erfolgreich sein kann“, so Bianca Klose, Projektleiterin der MBR. Erst vor kurzem musste der Neonaziszeneladen „Harakiri“ in Berlin aus wirtschaftlichen Gründen schließen.
Über die Mobile Beratung Gegen Rechtsextremismus Berlin
Die MBR begleitet und berät Initiativen, Organisationen, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Einzelpersonen, die sich in Berlin gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus engagieren oder dies in Zukunft tun möchten. Die Broschüre kann bei der MBR bestellt oder heruntergeladen werden: Download Ladenschluss jetzt!
(_Janelle Dumalaon_)