Berliner Zeitung (10.10.2006)

Der nötige Blick nach rechts

Bislang gab es nach Wahlerfolgen von rechten Parteien von den demokratischen Parteien immer nur die gleichen Betroffenheitsrituale. Nach wenigen Wochen war die öffentliche Aufregung beendet. Meist schafften es die rechten Politiker selbst sehr schnell, sich zu demontieren, in dem Streit um Geld und Privilegien, der die Kombattanten oft nachhaltig entzweite.

Die Chance besteht zwar auch diesmal, aber sie ist deutlich geringer. Zumindest die NPD hat mit ihrem Bundes- und Landesvorsitzenden ihre erste, geschulte Garde ins Rennen geschickt. Diese wird versuchen, die verschiedenen Strömungen zusammenzuhalten. Ein bisschen guter Wille in den anderen Fraktionen wird nicht ausreichen, solchen rechten Agitatoren die Stirn zu bieten. Sich darauf vorzubereiten und den Sachverstand etwa der Mobilen Beratungsteams in die Fraktion zu holen, wie es mittlerweile alle Parteien machen, ist richtig und lobenswert. Nur wer vernünftig auf die Rechten reagiert, macht sie nicht zu Märtyrern und damit für Wähler noch attraktiver.

Bei der Kaderschulung dürfen es die anderen Parteien aber nicht belassen. Zur erfolgreichen Auseinandersetzung mit den Rechten gehören auch die Antworten auf die Fragen, wo und warum die Radikalen Wahlerfolge hatten. Bessere Bildung und vor allem bessere (berufliche) Perspektiven für Jüngere sind vielleicht die schwierigere und teurere, aber auf jeden Fall die nachhaltigere Methode, den Rechten zu schaden.

(Tobias Miller)

Zum Artikel bei berlinonline.de/berliner-zeitung