Ausgabe 02/2009: bnr.de

Nun hat vor wenigen Wochen nach zwei Jahren Tätigkeit von Rechtsextremisten in den Bezirksverordnetenversammlungen das Projekt “Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in kommunalen Gremien Berlins – Dokumentation und Analyse” des Vereins für Demokratische Kultur die Studie “Berliner Erfahrungen” vorgelegt. Ausgewertet wurden dabei die Aktivitäten der NPD in den kommunalen Gremien sowie der Widerstand ihrer demokratischen Widersacher in den Bezirksvertretungen. Der für die Republikaner in der BVV Pankow sitzende Tiefbau-Facharbeiter Michael Rauschenbach lohnt nicht sonderlich der weiteren Beachtung.

Rechtsextreme Mandatsträger und Fraktionen in Parlamenten gelten in der Öffentlichkeit gemeinhin als unfähig und inkompetent zum Gestalten von Politik. In Berlin kann hiervon bei den elf Abgeordneten, die über die NPD Listen zu ihren Ämtern gekommen sind, nicht gesprochen werden, auch wenn die NPD in Marzahn-Hellersdorf ihren Fraktionsstatus aufgrund des zunächst nicht bei den Sitzungen erschienenen und dann ausgetretenen Verordneten Wolfgang-Dieter Chiebusch verlor. Teilweise haben manche der durch die NPD gestellten Anträge immer noch erhebliche fachliche und sprachliche Mängel, es muss aber von einem Zugewinn an (kommunal-) politischer Kompetenz innerhalb der letzten zwei Jahre gesprochen werden. Insgesamt stellte die Partei in dieser Zeit 111 Anträge, 85 kleine Anfragen, 54 mündliche Anfragen und 19 große Anfragen.

Das strategische Vorgehen und die Zielsetzung in der kommunalpolitischen Tätigkeit entspricht dem, was auch in anderen Bundesländern sowie in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern zu beobachten ist. In einer “Doppelstrategie” gibt man sich einerseits als Anwalt der “kleinen Leute”, für die sich die Kümmerer der NPD einsetzen, andererseits wird mit bewussten Tabubrüchen und Geschichtsrevisionismus die eigene rechtsextreme Klientel bedient. Für die populistische Schiene steht beispielhaft der Antrag des NPD-Verordneten in der BVV Marzahn-Hellersdorf, einen Mindestlohn von 10 Euro für Erwerbsarbeit einzuführen. Eine Forderung, die den Gestaltungsrahmen kommunaler Gremien klar überschreitet. Als Beispiel für das bewusste Inszenieren von geschichtspolitischen Tabubrüchen lässt sich hingegen die Forderung einer Umbenennung des nach einem Antifaschisten benannten Anton-Saefkow-Platzes in Waldemar-Pabst-Platz anführen. Waldemar Pabst war für die Ermordung Rosa Luxemburgs verantwortlich. Der BVV-Verordnete in Lichtenberg und Landesvorsitzende der NPD rechtfertigte in seiner Rede vor der BVV die Tötung Luxemburgs als “mutigen Einsatz”.

Die personelle Aufteilung der Arbeit in den BVV in Kümmerer einerseits und rechtsextreme Hardliner anderseits lässt sich ebenfalls in den anderen Berliner NPD-Fraktionen beobachten. So bemüht sich in der BVV Treptow-Köpenick Fritz Liebenow um ein kommunalpolitisches Image, während Eckard Bräuniger durch provokante Äußerungen das Spektrum des aktionsorientierten Rechtsextremismus anspricht.

Abgestimmt wird das Verhalten der NPD Mandatsträger bundesweit in der “kommunalpolitischen Vereinigung” sowie in vierteljährlichen Berliner Austauschrunden. Sichtbares Produkt dieser Treffen sind identische beziehungsweise thematisch ähnlich gelagerte Anträge. Diese Anträge, wie etwa der nach Umbenennung der Beauftragten für Integration in “Beauftragte für Ausländerrückführung”, der in den verschiedenen BVVen gestellt wurde, sollen aus den NPD-Landtagsfraktionen stammen und dann durch die Kommunalvertretungen wandern.

Von Fabian Kunow

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