Der klobige Container steht auf einem Parkplatz genau vor dem “Tönsberg”-Geschäft. Die Betreiber des rechten Szeneladens haben beste Sicht auf die Plakate, die den Container schmücken: “Schöner leben ohne Nazis” steht darauf oder auch “Keine Nazis in unserer Mitte!”. Damit eröffnet die “Initiative Mitte gegen Rechts” ihr Protestprojekt gegen Tönsberg in der Rosa-Luxemburg-Straße.
Der Laden vertreibt unter anderem Klamotten der Marke Thor Steinar, die sich rechtsextremer Symbolik bedient und in der Szene als Erkennungscode fungiert. Der Vermieter hat den Vertrag mit dem Ladeninhaber Protex GmbH bereits gekündigt. Doch die sich daraus ergebenden rechtlichen Streitereien werden sich mindestens noch bis Oktober hinziehen. So lange will die Initiative Mitte gegen Rechts, bestehend aus Anwohnern und Gewerbetreibenden des Viertels, aber nicht untätig bleiben. Und eröffnet heute eine Containerausstellung.
“Insgesamt haben wir drei Container zwischen Straße und Platz aufgestellt”, sagt Lilian Engelmann von der Initiative. Sie sind von außen mit schwarz lackierten Spanplatten beschlagen, auf denen die Geschichte von Mitte erzählt wird. Das Viertel war einst jüdisch geprägt. Wo heute die Volksbühne steht, gab es früher Börsen für Kleiderhändler und in Mietskasernen untergebrachte Synagogen. Ein weiterer Container informiert über die Dresscodes, die Zahlen- und Bildersymbolik in der rechten Szene. Der Quader, der direkt vor dem Tönsberg-Laden parkt, soll individuellem Protest einen Platz bieten. “Er ist als eine sich fortwährend verändernde Wandzeitung gedacht”, so Engelmann. “Wir werden ihn immer wieder mit neuen Plakaten bekleben. Jeder, der sich mit dem Thema auseinandersetzt, kann gerne ein Poster einreichen.”
Der Widerstand gegen Tönsberg hat zahlreiche Unterstützer. “Das Geschäft ist Teil der rechtsextremen Infrastruktur der Stadt”, sagt Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR), die die Protestaktion unterstützt. “Mit dem Laden will sich die Szene im Stadtbild einnisten.” “Raumgreifende Normalisierung” heiße das in der Fachsprache. “Doch nun wird Tönsberg mit den Containern ein anderer Raum entgegengesetzt”, sagt Klose und betont den symbolischen Aspekt der Ausstellung.
Der Berliner Integrationsbeauftragte Günter Piening lobt die Organisatoren für ihre Schnelligkeit: “Denn wenn sich so ein Laden erst mal etabliert hat, wird es schwer, dagegen vorzugehen.” Piening unterstützt das Projekt mit 6.500 Euro aus dem Interventionsfond, der Anti-rechts-Initiativen kurzfristig Geld zur Verfügung stellen kann. Um den Rest der Finanzierung kümmerte sich die Amadeu Antonio Stiftung. Rund 4.500 Euro sammelte sie an Spenden und legte nochmal 1.000 Euro drauf.
Die Ausstellung soll bis November laufen. Lediglich mit dem Plakatcontainer vor dem Laden gibt es momentan noch Schwierigkeiten. Weil er einen Parkplatz besetzt, soll er bereits in einem Monat wieder abgebaut werden, dann läuft die Genehmigung aus. Doch Bezirksstadtrat Rainer Maria-Frisch (für Die Linke), zuständig für Finanzen in Mitte, zeigt sich zuversichtlich, dass die Genehmigung verlängert werden kann.
Es ist schließlich gerade dieser Container, der den “Tönsberg”-Betreibern massiv in den Raum greift. Als er am Freitag plakatiert wurde, geizten sie nicht mit Präsenz. “Laute Musik dröhnte aus dem Laden, und ein Haufen muskelbepackter Schränke stand davor”, erzählt Engelmann. Gegen Mittag waren sie verschwunden. Stattdessen hielt eine Verkäuferin die Stellung, solariumgetoastet und sichtlich genervt von Quader und Betrachtern. “Ey, hast du nicht verstanden, was ich gesagt habe? Hau ab!”, pöbelte sie eine Journalistin an, die statt auf die Poster in das Tönsberg’sche Schaufenster guckte.
(Joanna Itzek)