Erwarteter Wahlerfolg der NPD und REPs
Der Einzug der NPD und Republikaner in 5 Berliner Bezirksparlamente war zu erwarten – die dramatischen Stimmenzuwächse sind jedoch besorgniserregend. Bereits seit der Bundestagswahl 2005 ist zudem eine erfolgreiche Westausdehnung der NPD in Berlin zu beobachten.
„Offenbar ist es NPD und Republikanern gelungen, eine Wählerschaft anzusprechen, die eine menschenverachtende Ideologie akzeptiert und sich auch nicht von unverhohlener Gewalt und Provokationen seitens Rechtsextremer abschrecken lässt“, sagt Bianca Klose, Projektleiterin der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“ – MBR.
Herausforderung für die Bezirke: Normalisierung und Professionalisierung rechtsextremer, rassistischer Strukturen entgegen wirken
Der nun erreichte Fraktionsstatus in den BVVen – Fraktionsräume, Ausschusssitze und Fraktionsgelder – verschafft den lokalen rechtsextremen Partei- und Kameradschaftsstrukturen einen entscheidenden logistischen Vorteil.
Es ist zu erwarten, dass die Präsenz in den BVVen die Parteistrukturen der NPD in Berlin stärken und zu einer Professionalisierung der Rechtsextremisten im Umgang mit demokratischer Gegenwehr/ Abgrenzung führen wird. „Die BVVen drohen zur Bühne für rechtsextreme und fundamental anti-demokratische Provokationen zu werden“, sagt Bianca Klose, Projektleiterin der MBR.
Für die Bezirke besteht die Herausforderung, einer „Normalisierung“ und Etablierung der rechtsextremen Parteien als vermeintlich legitimer Teil des demokratischen Spektrums entgegenzuwirken. Dazu ist es unabdingbar, dass die demokratischen Parteien auf Bezirksebene eine deutliche inhaltliche Abgrenzung gegenüber Rechtsextremen einhalten und begründen. Dies darf jedoch in keinem Fall dazu führen, demokratische Standards inner- und außerhalb der Parlamente einzuschränken.
Verheerendes Signal an die potenziellen Opfer rechter Gewalt
Das hohe Wahlergebnis für NPD und REP, aber auch die zukünftige Arbeit der Rechtsextremen in den Bezirken sendet ein verheerendes Signal an die potenziellen Opfer rechter Gewalt. „Sie werden auf erschreckende Weise mit einem gesellschaftlichen Klima der Akzeptanz rechtsextremer, rassistischer Ideologien und Handlungsweisen konfrontiert. Rechte, rassistische Gewalttäter finden hier eine perfide Bestätigung für ihr Handeln. Die menschenverachtende militante Ideologie der Vertreibung von MigrantInnen, Flüchtlingen, Behinderten, Homosexuellen etc. erfährt eine vermeintlich demokratische Legitimation“, so Sabine Seyb, Mitarbeiterin der Opferberatungsstelle ReachOut.
Schon die äußerst brutalen Angriffe während des Wahlkampfes zeigen, wozu die rechtsextremen Parteien in engem Zusammenspiel mit den Schlägern auf der Straße bereit sind, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen gegen die politischen und gesellschaftlichen GegnerInnen geht.
Anstieg der Angriffe 2006 in Berlin
Auch insgesamt verzeichnet ReachOut, die Berliner Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, erhöhte Angriffszahlen. Bis Ende August werden bereits 81 Angriffe in der Berlin-weiten Chronik (www.reachoutberlin.de) dokumentiert. Dabei handelt es sich in 25 Fällen um Gewalttaten gegen alternative Jugendliche und Erwachsene. Rassistisch motiviert sind 24 Angriffe, gegen Linke richten sich 15 Angriffe. Bisher werden drei Fälle schwulenfeindlicher Gewalt gezählt. In 14 Fällen ist zwar das rechte TäterInnenspektrum eindeutig, warum genau die Opfer angegriffen wurden, ist jedoch bisher ungeklärt.
Die meisten Gewalttaten finden bis Ende August im Bezirk Friedrichshain statt. Es folgen die Bezirke Lichtenberg mit 8, Prenzlauer Berg mit 7 und Treptow mit 6 Angriffen.
Im vergangenen Jahr waren es im Vergleichszeitraum in Berlin 71 Angriffe, die ReachOut dokumentierte.
Beratungsprojekte vor dem Aus
Während Rechtsextreme Erfolge feiern, müssen nun unverzichtbare, bewährte Projekte wie ReachOut und MBR mit der Abwicklung beginnen. Denn Ende des Jahres läuft das Bundesprogramm „CIVITAS-initiativ gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern“ aus. Das neue Bundesprogramm sieht eine Weiterförderung von mobilen Beratungen und Opferberatungen nicht vor. „Dadurch wird kompetente Unterstützung und Beratung im Engagement gegen Rechtsextremismus und Rassismus in den Bezirken zerschlagen. Den Rechtsextremen wird so das Feld überlassen und die Opfer allein gelassen.“, so Sabine Seyb, Mitarbeiterin von ReachOut.
Dringlicher als je zuvor sind die demokratischen Parteien in Berlin aufgefordert, sich für den Erhalt der Bundesförderung dieser Projekte einzusetzen. Gleichzeitig muss das wegweisende Berliner Landesprogramm „Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ weitergeführt werden.
Für Rückfragen:
Bianca Klose, MBR: 030-24045430
Sabine Seyb, ReachOut: 030-69568339