Erst sind die Schaufensterscheiben zerschlagen worden, dann protestierte die linke Szene gegen das Geschäft, nun soll der Laden „Tromsö“ in der Petersburger Straße 94 schließen. Zwei Wochen nach Eröffnung wurde den Betreibern des Friedrichshainer Kleidungsgeschäfts gekündigt. Der Vermieter, die SF-Immobilienfonds-Gruppe, fühle sich getäuscht, weil in dem Laden vor allem Kleidung der bei Neonazis beliebten Marke „Thor Steinar“ verkauft wird, sagte ein Mitarbeiter der zuständigen Hausverwaltung dem Tagesspiegel.
Die Brandenburger Firma Mediatex, der Hersteller der Marke, könnte bald grundsätzliche Schwierigkeiten haben, Mietverträge zu unterschreiben. Derzeit werden von Juristen der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“ (MBR) spezielle Klauseln für Gewerbemietverträge ausgearbeitet: Diese sollen Nutzer von Ladenflächen dazu verpflichten, kein Verkaufssortiment zu führen, das rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Inhalte fördert.
Wie wirksam solche Verträge sein können, musste am vergangenen Wochenende die rechtsextreme NPD erfahren: In einem Nutzungsvertrag für Bezirksräume in Lankwitz stand die Klausel, der Mieter sei nicht berechtigt, die Räume „zur Durchführung von Veranstaltungen zu nutzen, auf denen rechtsextremes, rassistisches, antisemitisches oder antidemokratisches Gedankengut dargestellt und/oder verbreitet wird“. Das betrifft nicht nur die mietende Partei, sondern auch deren Besucher. Die NPD wollte diesen Vertrag „nur unter Vorbehalt“ unterschreiben – und bekam die Räume vergangenes Wochenende deshalb nicht.
Das Verwaltungsgericht hatte einen Eilantrag der Partei gegen den Mietvertrag abgelehnt. Die NPD äußerte den Verdacht, der Mietvertrag des Bezirksamts sei mithilfe der staatlich geförderten MBR entstanden. Die Experten hatten vor wenigen Monaten ein Heft veröffentlicht, um rechtsextreme „Anmietungsversuche“ unter anderem mit Mustermietverträgen zu verhindern. „Eine Hilfe für Ladenvermieter wird es voraussichtlich schon diesen Sommer geben“, sagte Bianca Klose von der MBR. Mediatex wollte sich dazu am Montag auf Nachfrage nicht äußern.
Da sich Pullover, Jacken und T-Shirts von „Thor Steinar“ gut verkaufen, ist davon auszugehen, dass demnächst ein ähnlicher Laden eröffnen wird – so wie in der Vergangenheit derartige Geschäfte geschlossen und später woanders aufgemacht worden sind.
„Thor Steinar“ hat seit Jahren Probleme mit der Justiz: 2004 hatten Staatsanwälte Kleidungsstücke der Marke beschlagnahmen lassen – wegen Verdachts der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Runen ähnelten Nazisymbolen, hieß es. Erst im Herbst 2008 wurden die Inhaber des Ladens „Tönsberg“ in Mitte dazu verurteilt, das Geschäft zu räumen. Sie legten Widerspruch ein. Die Vermieter der Ladenfläche in der Petersburger Straße stellen sich deshalb auf einen langen Rechtsstreit ein.
(_Hannes Heine_)