Die rechtspopulistische “Bürgerbewegung pro Deutschland” will einen Berliner Landesverband gründen und bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 antreten. Der Startschuss für den Wahlkampf soll Anfang Juni bei einem Bundesparteitag in der Hauptstadt fallen. Doch bislang haben die Rechtsausleger keinen Raum gefunden. Das Rathaus Schöneberg, wo sie für den 5. Juni einen Saal anmieten wollten, erteilte der Partei eine Absage. An diesem Tag seien alle in Frage kommenden Räume belegt, teilte das Bezirksamt dem Parteichef Manfred Rouhs in einem Schreiben mit, das der taz vorliegt. Bianca Klose von der “Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus” (MBR) begrüßte dies als klares Signal “an rechtspopulistische Parteien”.
Im Januar hatten sich die Bezirke auf ein einheitliches Vorgehen geeinigt, um zu verhindern, dass rechtsextreme Parteien öffentliche Räume anmieten: Dazu soll in Verträge eine Mietklausel aufgenommen werden, die in den Räumen rassistische, antisemitische und antidemokratische Äußerungen untersagt. Die Klausel gilt für alle Parteien, trifft aber vor allem Rechtsextreme – zuletzt im Februar die NPD.
Für Rouhs von “pro Deutschland” ist die Absage aus Schöneberg ebenfalls “politisch motiviert”: Man habe am 21. April “verbindlich” den Tagungssaal in Schöneberg reservieren lassen und wenige Tage später einen Besichtigungstermin mit einem Mitarbeiter des Bezirksamts durchgeführt. Er kündigte gegenüber der taz den Gang vors Verwaltungsgericht an, um eine Nutzung erstreiten. “Wir wollen den Parteitag dort stattfinden lassen. Irgendwann ist der Saal für uns frei”, so Rouhs.
“Pro Deutschland”, 2005 gegründet, versucht auf bundespolitischer Ebene das Modell “pro Köln” umzusetzen und extrem rechten Kreisen, die sich selbst nicht als Neonazis sehen, eine politische Heimat zu geben. Das bisherige Wahlprogramm für Berlin 2011 unter dem Titel “5 Punkte pro Berlin” enthält den bekannten Kanon antimuslimischer und antimigrantischer Slogans. Es wird die Abschiebung von “Scheinasylanten” und “kriminellen Ausländern” gefordert und von “osteuropäischen Banden und multi-kulturellen Jugendgangs” auf Berliner Straßen geredet. Man geriert sich als Freunde der Demokratie, die “jeder Form von politischem Extremismus eine scharfe Absage” erteilen.
In dieses Bild passt die Selbstinszenierung als Opfer “linker Medienmacher” und Neonazis. So beklagen sich Berliner “pro”Anhänger im Internet, im Februar dieses Jahres von “Rechts und Linksextremisten” nach einem Stammtisch durch die Straßen gejagt worden zu sein. Anwesende Pressevertreter konnten dies nicht bestätigen, vielmehr waren bei der Veranstaltung NPDler wie der Berliner-Landesvorsitzende Uwe Meenen im Publikum anwesend.
Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen wollen die Rechten mit über 100 Kandidaten antreten. Laut Rouhs werden sich “wahrscheinlich auch Personen, die heute noch bei den ,Republikanern’ aktiv sind”, auf der Liste wiederfinden. Seit einiger Zeit hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Berliner “Republikaner” (REP) auf eine Wahlteilnahme zugunsten von “pro Deutschland” verzichten werden. Reinhard Haese, Landesvorsitzender der REPs Berlin, räumte ein, dass dies “eine denkbare Möglichkeit wäre”.
Eine der wichtigsten Figuren der neuen Berliner Partei wird wohl der in Berlin lebende schwedische Millionär Patrik Brinkmann werden, der früher bei der DVU war und seit einigen Tagen Mitglied und neues Aushängeschild von “pro Deutschland” ist. Vor allem Brinkmanns Geld kann die Partei gut gebrauchen: Im Juli soll eine Geschäftsstelle in Berlin eröffnet werden, eine neue Zeitschrift unter dem Titel “pro Berlin” soll viermal im Jahr erscheinen und kostenlos verteilt werden.
Experten sind sich uneins über die möglichen Wahlerfolgen der rechten Populisten. Helga Seyb von der Opferberatungsstelle ReachOut sagt: “Leute fühlen sich vermeintlich berechtigt, Muslime oder Migranten rassistisch zu beleidigen oder anzugreifen, wenn diese Art von Feindbildern vermehrt in den Medien angeboten werden.” Für Klose vom MBR wird “ein Wahlerfolg davon abhängen, wie kampagnenfähig ,pro Deutschland’ ist und wie die demokratischen Parteien darauf reagieren.”
(Maik Baumgärtner)