taz: Herr Bünermann, die rechtsextreme NPD kündigt seit Monaten einen Parteitag an, ohne ihn durchzuführen, und auf einmal soll er dieses Wochenende stattfinden. Welche Strategie steckt dahinter?
Ulf Bünermann: Es ist fraglich, ob überhaupt eine Strategie dahinter steckt. Da ein Parteitag bereits seit vergangenen Herbst angekündigt wird, war vorhersehbar, dass er irgendwann kommt.
Kann es sein, dass durch die kurzfristige Ankündigung Proteste vermieden werden sollen, oder ist es eher Ausdruck einer inneren Unorganisiertheit?
Auf der einen Seite ist es eine Methode, den Gegnern der NPD wenig Möglichkeiten zu lassen, Proteste zu organisieren. Auf der anderen Seite ist die Partei derzeit nicht so aufgestellt, dass sie sofort, wenn sie einen Parteitag abhalten müsste und wollte, das gleich organisiert bekäme. Das liegt auch daran, dass die Bezirke der NPD die Anmietung öffentlicher Räume erschweren, um zu verhindern, dass dort rechtsextremes Gedankengut verbreitet wird. Aber es ist natürlich eine Schwäche, dass sie von einer ersten Ankündigung im Herbst so lange bis zu einer Umsetzung braucht.
Auf dem Parteitag soll unter anderem der Landesvorstand neu gewählt werden. Stehen Personen wie Uwe Meenen und Sebastian Schmidtke für eine Radikalisierung des Verbandes?
Es ist tatsächlich ein Angebot an sogenannte Freie Kräfte wie Kameradschaften, sich wieder stärker in der NPD zu beteiligen. Gerade Eckart Bräuniger genießt ein hohes Ansehen in diesen Kreisen, die sich 2009 zum Teil von der Berliner NPD abgewandt haben – zumindest ein höheres als der jetzige Landesvorsitzende Jörg Hähnel. Das gilt auch für die Figur von Sebastian Schmidtke, der eine lange Karriere in der Kameradschaftsszene hat.
2011 steht die Abgeordnetenhauswahl an. Was ist von der NPD zu erwarten?
Sie wird versuchen, im Wahlkampf präsent zu sein. Für die NPD und für viele Rechtsextremisten ist Berlin die alte Reichshauptstadt, darauf liegt ein besonderes Augenmerk. Thematisch wird es wohl in eine ähnliche Richtung gehen wie das Minarettverbot in der Schweiz.
Bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 erhielt die NPD 2,6 Prozent. Zuvor stand eine Null vor dem Komma. Trend oder Ausnahme?
Das ist schwer zu sagen. In Bundesländern, in denen sie stärker vertreten war, wie in Sachsen, hat sie sich schon eine Basis geschaffen. Inwieweit das in Berlin der Fall ist oder ob es sich um Protestwähler handelt, wird sich erst zeigen.
(Das Interview führte Svenja Bergt)