(03.01.2009) Südthüringer Zeitung

Vielmehr müsse man erwarten, dass sich NPD und die ihr nahe stehenden sogenannten Freien Kräfte erneut in der Region etablieren wollen. Auch wenn sich die Freien Kräfte Südthüringen vor einer Weile aufgelöst haben, so ist die rechte Szene aktiv, verweist er allein beim Blick auf das Internet. Doch Städte und Gemeinden müssen sich darauf vorbereiten, dass die Neonazis im Wahljahr 2009 nicht nur virtuell aktiver werden, sondern im wirklichen Leben versuchen mehr Einfluss und Gewicht zu erlangen.

Angepasste Verträge
Sie werden zu Veranstaltungen und sogenannten Heimatabenden und anderen Zusammenkünften einladen, in denen sie ihre rechte Politik mehr oder weniger offen verkünden möchten, vermutet Schmidtke.
Dazu bedarf es allerdings entsprechender Räumlichkeiten – und an diesem Punkt können Kommunen aktiv werden. Denn die Gemeinden und Städte müssen ihre Gebäude nicht vermieten, wenn rechtsextremes Gedankengut verbreitet wird oder gar verfassungsfeindliche Parolen skandiert werden, bekräftigt er seine Auffassung.

In Steinbach-Hallenberg habe man sich mit angepassten Raumnutzungsverträgen auf solche Eventualitäten vorbereitet. Diese geänderten Mietbedingungen wurden, so SPD-Stadtrat Schmidtke, vor einem halben Jahr von ihm im städtischen Haupt- und Finanzausschuss eingebracht.

Sie stammen von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin (www.mbr-berlin.de) und sehen die explizite Erklärung des Mieters vor, dass die Veranstaltung in den öffentlichen Gebäuden „keine rechtsextremen, rassistischen oder antidemokratischen Inhalte haben wird“. Weder in Wort, Bild, noch in Schrift darf die Freiheit und Würde des Menschen verächtlich gemacht werden, lauten die angepassten Mietverträge weiter. „Vermieter und Polizei haben jederzeit die Möglichkeit, Kontrollbesuche durchzuführen und bei Verstößen gegen diesen Vertrag oder Strafgesetze die Veranstaltung zu beenden“, heißt es außerdem in einer nächsten Passage des Raumnutzungsvertrages.

Nur deklaratorisch?
Auch wenn ein Teil dieser Festlegungen vielleicht nur deklaratorischen Charakter besitzt, weil diese Rechte und Pflichten bereits an anderer Stelle in Gesetzen definiert sind, so ist der nochmalige generelle Ausschluss von rechtsextremem Gedankengut bei Veranstaltungen in öffentlichen Räumen zu begrüßen, so Dieter Schmidtke.

„Deutlicher geht es nicht zu sagen, dass Rechte nicht willkommen sind“, meint er. In der Vergangenheit sei es bereits Mitbürgern und Einrichtungen so ergangen, dass sie wie auf der Rotteroder Höhe unwissend Rechten ihre Objekte, in diesem Fall die Paul-Schlösser-Hütte, für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt haben. Die Bilder davon sind heute noch im Internet zu finden, auch wenn die sich damit brüstenden hiesigen Freien Kräfte mangels Basis längst aufgelöst sind.

Vehement wehrt sich Sozialdemokrat Dieter Schmidtke außerdem gegen Praktiken wie die eines Busunternehmers, der wissentlich die Rechten durch Thüringen kutschiert. „Wir stellen uns im Stadtrat zusammen für ein Foto gegen Rechts auf und ein Unternehmer torpediert diesen Gedanken und sucht nur seinen Vorteil“, beschreibt der SPD-Stadtrat seine Verärgerung und sein Unverständnis.

Dabei wisse er, dass auch andere Busunternehmen in der Region die Rechten als Kunden nicht zurückweisen. Hier müsse es seiner Meinung nach Konsequenzen geben. Eine Möglichkeit wäre, dass der Aufsichtsrat der Kreiswerke Schmalkalden-Meiningen, eine hundertprozentige Tochter des Kreises, bei der Auftragsvergabe neue Kriterien setzt.
So könne das Kontrollgremium beispielsweise die Meininger Busbetriebsgesellschaft mbH (MBB) anweisen, Beförderungsaufträge im Öffentlichen Personennahverkehr nur an Unternehmen zu vergeben, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Transport von Rechten oder zu rechtsextremistischen Veranstaltungen ablehnen.

Im Kleingedruckten
In diesem sogenannten Kleingedruckten kann jedes Unternehmen wie bei den bereits genannten Mietverträgen Klauseln gegen Rechts aufnehmen.
Noch wolle er keine Namen nennen, so Schmidtke, aber er erwarte von den angesprochenen Busunternehmen, dass sie ihre Beförderungsrichtlinien überdenken.
Der Redaktion sind die Namen bekannt. Bei all den Vorschlägen gibt es eines zu bedenken: wer kontrolliert wann, ob eine Veranstaltung rechtsextremen Charakter trägt oder gegen genannte Vertragsbedingungen verstößt? „Etwa der Bürgermeister?“, höhnt ein Rechter in einem Internetforum der Thüringer Neonazis. Freilich, der Bürgermeister, ein von ihm Beauftragter – oder eben auch SPD-Stadtrat Dieter Schmidtke.

(_eh_)

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