Denn erst als die Beamten Ausweis und Handy überprüften und feststellten, dass sie den Falschen festgenommen hatten, ließen sie den schwarzen Deutschen gehen. Das Ergebnis der »Verwechslung«: eine »Prellung des Brustkorbes, Verstauchung des Handgelenkes, Druckschmerzen an Augen und im Gesicht und eine erhebliche Traumatisierung«.
Das drastische Beispiel ist der Broschüre »Berliner Zustände 2011« entnommen, die in dieser Woche nunmehr zum sechsten Mal erschienen ist. In dem 91-seitigen sogenannten Schattenbericht stellen Initiativen ihre Sicht auf gefährliche Entwicklungen in Berlin dar. Der Schwerpunkt der diesjährigen Ausgabe des quasi »alternativen Verfassungsschutzberichtes« ist die Rolle der Polizei in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rassismus.
In diesem Jahr belassen es die Herausgeber vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum (apabiz) sowie der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) nicht nur bei einer bloßen Zustandsbeschreibung, sondern stellen auch konkrete Forderungen auf. Denn betont wird, dass die Berliner Polizei sowohl als Kooperations- als auch als Gesprächspartner im Kampf gegen Rechts wichtig ist, während aber gleichzeitig eine fehlende Sensibilität gegenüber rassistischer Bedrohung und Gewalt festgestellt wird.
Nicht zuletzt aufgrund der jahrelang unentdeckten rassistischen Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrundes« (NSU) fordern die Autoren des Schattenberichtes Konsequenzen auch für die tägliche Polizeiarbeit in Berlin. So soll eine »polizeiunabhängige Beschwerdestelle« eingerichtet werden, die über tatsächliche Kompetenzen verfügt. »Die Behörden brauchen keine oberflächlichen Verschönerungen, sondern grundlegende Veränderungen im Denken, Handeln und auf struktureller Ebene«, schreibt etwa die Juristin Kati Lang in ihrem Beitrag für den Schattenbericht. Wichtig seien darüber hinaus auch Ansprechpartner für Minderheiten bei der Polizei selbst. Als positiv werden in diesem Zusammenhang beispielsweise die Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei der Berliner Polizei aufgeführt.
Wie groß das Misstrauen zwischen Opfern und der Polizei häufig ist, spiegelt sich besonders auch in den jährlichen stark unterschiedlichen Statistiken zu Übergriffen wieder: Denn in den polizeilichen Kriminalstatistiken tauchen rassistische, rechtsextreme und antisemitische Übergriffe oft gar nicht auf. Entweder, weil sie von den Opfern erst gar nicht zur Anzeige gebracht wurden, oder weil die Beamten vor Ort einen Übergriff nicht als solchen klassifizieren. »Wir brauchen eine größere Sensibilität bei der Polizei«, sagt Annika Eckel von der MBR.
Dass die Berliner Polizei unter Vizepräsidentin Margarete Koppers Kritik annehmen kann, zeigt indes die neue Informationspolitik zu Neonazi-Aufmärschen.
Während im Schattenbericht zu Recht kritisiert wird, dass 2011 Aufmärsche verheimlicht wurden, ruft die Behörde inzwischen Journalisten an, um sie auf rechte Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Auch für eine Diskussion zu den Opferstatistiken hatte sich Koppers vor kurzem offen gezeigt.
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