In Zentrum der Kritik steht der Umgang mit der Internet-Seite “www.nw-berlin.net”. Hier werden in einer Art “Feindesliste” über 200 Personen, Initiativen gegen Rechts und Läden mit Fotos und Adressen aufgeführt. “Wir wünschen Euch mit diesen Informationen viel Erfolg”, schreibt die “Schriftführung”. Möglicherweise wird das als Aufforderung verstanden: Rund die Hälfte von ihnen seien in den vergangenen Monaten bedroht oder angegriffen worden, sagte Klose.
Gleich zweimal wurde eine Einrichtung der sozialistischen Jugendorganisation “Die Falken” in Neukölln attackiert, das Anton-Schmaus-Haus. Beim zweiten Brandanschlag am 9. November 2011 wurde das Gebäude schwer beschädigt. Erst in der Nacht zuvor hatte hier eine Kinder- und Jugendgruppe übernachtet. “Die Angst der Kinder war danach sehr groß”, berichtete Miriam Blumenthal, Gruppenleiterin der Falken in Neukölln.
Dass das Anton-Schmaus-Haus auf der “Linke Läden”-Liste auf “nw-berlin.net” beschrieben wurde, erfuhren die Falken nach eigenen Angaben erst von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, nicht von der Polizei oder Behörden.
Nach Einschätzung des Senats solle die Liste “ein Klima der Verunsicherung und Einschüchterung hervorrufen”, heißt es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus. Doch die Betreiber der Seite seien nicht zu ermitteln, unter anderem weil der Server, auf dem nw-berlin.net liegt, in den USA betrieben wird. Dorthin sei jetzt ein Rechtshilfeersuchen geschickt worden.
Doch die Kritik des “mangelnden Ermittlungsinteresses” auch nach Anschlägen oder Drohungen weist Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) zurück: Der Vorwurf, Berlin würde den Kampf gegen Rechtsextremismus nicht ernst nehmen, sei “absurd”. Die Polizei sei “sowohl präventiv als auch repressiv tätigt”. Unter anderem gebe es schon seit 1992 eine spezialisierte Einheit der Polizei, die “offensiv rechte Treffpunkte aufsucht und auch offen ermittelt”.
In Briefen an Personen und Initiativen, die auf der “Feindesliste” stehen, schrieb die Polizei, es hätten sich keine Anhaltspunkte für “eine konkrete Gefährdung” ergeben. Angesichts der zahlreichen Drohungen und Attacken sei das eine “fatale Fehleinschätzung”, sagte dazu Bianca Klose.
Benedikt Lux (Grüne), Vorsitzender im Verfassungsschutzausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus, fordert die Polizei auf, sie müsse “auch den kleinsten Anschein vermeiden, sie sei auf dem rechten Auge blind”. Leider sei es in einigen Einzelfällen dazu gekommen, dass Polizisten nicht entschieden genug gegen rechtsextreme Straftäter eingetreten seien, in der Regel aus “mangelnder Sensibilität”.
Auch Benedikt Lux wird auf “www.nw-berlin.net” erwähnt. Seit einem Jahr weiß er davon, die Polizei wies ihn nach eigenen Angaben vor etwa zwei Wochen darauf hin.