Geplante Versammlungen von Reichsbürgern und anderen rechtsextremen Gruppierungen am 20. März in der Berliner Innenstadt

Am kommenden Samstag, den 20. März, planen Reichsbürger und rechtsextreme Gruppierungen mehrere Versammlungen in der Berliner Innenstadt. Die Veranstaltungen stehen unter dem Motto „Frieden, Freiheit, Souveränität“ – ein gängiger Slogan im Spektrum der Reichsbürger, die davon ausgehen, Deutschland habe keinen Friedensvertrag, sei kein souveräner Staat und stehe unter Kontrolle ausländischer Mächte. Angemeldet ist nach derzeitigem Stand (18.03.) ein Aufzug ab 9 Uhr vom Brandenburger Tor zur Reichstagswiese über die Straße des 17. Juni, Yitzhak-Rabin-Straße, Heinrich-von-Gagern-Straße und Paul-Löbe-Allee. Angemeldet ist außerdem ein Autokorso ab 11 Uhr von der Straße des 17. Juni, der u.a. über Alt-Moabit, Invalidenstraße, Karl-Liebknecht-Straße, Grunerstraße sowie Leipziger Straße führt und wieder auf der Straße des 17. Juni enden soll.

Zudem haben sächsische Rechtsextreme einen Autokorso ab 7:30 Uhr in Wildau (Brandenburg) angekündigt, der über Treptow-Köpenick, Neukölln und Kreuzberg nach Mitte führen soll. Zuvor wollen sie in der Nacht ab 3:30 Uhr von Hof (Bayern) aus verschiedene Autobahnrasthöfe in Sachsen anfahren, um Mitstreiter einzusammeln und geschlossen in Wildau am A10 Center anzureisen. Die kompletten Streckenverläufe finden sie bei unserem Partnerprojekt Berlin gegen Nazis.
Bereits seit Monaten kursieren im Internet Aufrufe, die für 12 Uhr vor die russische Botschaft und für 14 Uhr vor den Reichstag mobilisieren. Eine entsprechende Anmeldung vor der Botschaft liegt für den Zeitraum zwischen 11 Uhr und 20 Uhr vor.

Wer ruft auf?

Verschiedene Gruppen aus dem rechtsextremen Spektrum und dem Reichsbürger-Milieu bewerben seit Monaten den Termin im Internet. Unter diesen befinden sich Gruppierungen wie die rechtsextreme „Patriotic Opposition Europe“ und die Reichsbürger von „Gelbe Westen Berlin“, die beide in der Vergangenheit bereits Veranstaltungen in Berlin durchgeführt haben, zuletzt jedoch selten eine größere Anzahl an Teilnehmenden mobilisieren konnten. (1) Ebenso findet sich der flüchtlingsfeindliche Berliner Pegida-Ableger „Bärgida“ unter den Aufrufenden, der aber seit Jahren nicht mehr in Erscheinung trat. (2) Insgesamt handelt es sich bei dem aufrufenden Bündnis um einen Zusammenschluss von Kleinstgruppierungen und Labels, die in dieser Form noch nie außerhalb der online-Welt in Erscheinung getreten sind und hinter denen sich vermutlich mehrheitlich Einzelpersonen verbergen. Ihre Mobilisierungskraft muss als begrenzt bewertet werden. Eine rechtsextreme Gruppierung aus Nordrhein-Westfalen hat sich mit einem Reisebus angekündigt.

Mit Unterstützung von Gruppierungen aus den aktuellen, rechtsoffenen und verschwörungsideologisch geprägten Protesten der Gegner_innen der Corona-Maßnahmen können die Rechtsextremen am Samstag in Berlin offenbar nicht rechnen. Die bundesweiten verschwörungsideologischen Spektren mit größerer Mobilisierungsstärke wie das „Querdenken“-Netzwerk rufen nicht nach Berlin auf, sondern mobilisieren zu einer Kundgebung in Kassel. Obwohl Reichsbürger in großer Zahl an den Aktionen von „Querdenken711“ im August letzten Jahres in Berlin partizipierten, konnten sie selbst bisher nur vereinzelt Protagonisten aus diesem Milieu zu ihren eigenen Aktionen mobilisieren.

Die kleinen lokalen Berliner Gruppierungen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum haben sich zudem in der Mehrzahl von der Mobilisierung abgegrenzt und empfehlen ihren Anhänger_innen für den 20. März die Teilnahme an den Versammlungen in Potsdam oder Kassel. Diese Spektren haben zuletzt am 13. März ohne größere Mobilisierung eine mittlere dreistellige Teilnehmendenzahl in Berlin-Mitte zusammengebracht. Denkbar wäre dennoch, dass sich Einzelne ihrer Anhänger_innen den Reichsbürgerkundgebungen anschließen könnten.

Wie groß ist die Mobilisierung nach Berlin?

Die Erfahrungen der vergangenen Monate zeigen, dass für Mobilisierungsdynamiken die letzten Tage vor dem jeweiligen Termin ausschlaggebend sind. Aktuell wurde ein von der Stadt Kassel erlassenes Verbot der „Querdenken“-Veranstaltung vom Verwaltungsgericht aufgehoben. Sollten die Behörden dort in die nächste Instanz gehen und Erfolg haben, könnte bei einem Verbot möglicherweise Berlin als Ausweichort angesteuert werden.

In dieser Woche wurde bekannt, dass sächsische Rechtsextreme die Veranstaltungen in Berlin unterstützen wollen. Seit Wochen besteht das Angebot einer bundesweiten Busanreise für den 20. März von der Initiative #honkforhope, die in der Vergangenheit die Anreisen zu den großen verschwörungsideologischen Versammlungen in Berlin unterstützte. Allerdings gab es solche Angebote auch zu kleineren, regionalen Aktionen wie zuletzt im Januar 2021 zu einer Reichsbürger-Kundgebung in Berlin, zu der lediglich eine geringe zweistellige Anzahl an Teilnehmenden erschien. Aus dem bloßen Angebot einer Anreiseunterstützung lässt sich insofern keine seriöse Einschätzung der Versammlungsgröße ableiten.

Die neugegründete rechtsextreme Gruppierung „Freie Sachsen“ mobilisiert ebenfalls nach Berlin und will einen Autokorso nach Berlin durchführen. Die Gruppe „Freie Sachsen“ hat sich Anfang März gegründet. Im Vorstand sind Funktionäre von NPD und „Pro Chemnitz“. Ein Mitinitiator von #honkforhope ist stellvertretender Vorsitzender dieses Zusammenschlusses. (3)

Ob dieser Zusammenschluss außerhalb Sachsens über Mobilisierungspotential verfügt, muss sich noch zeigen. Dennoch ist durch diese Unterstützung zumindest eine größere Teilnehmendenzahl denkbar. Diese könnte letztlich sogar ausschlaggebend sein, denn in den vergangenen Wochen fiel das Bündnis der Organisatoren zum 20. März vor allem durch Distanzierungen, insbesondere von Personen aus dem Hooliganspektrum, sowie durch Streitigkeiten in sozialen Netzwerken auf. Eine der ursprünglichen Reichsbürger-Gruppierungen mobilisiert bereits zu einem anderen Datum.

Aus dieser Gemengelage lässt sich eine verlässliche Prognose der Teilnehmendenzahlen für kommenden Samstag nur schwer herleiten. Die ursprünglichen Organisatoren verfügen über wenig Mobilisierungspotential oder sind gänzlich unbekannt, Protagonisten der verschwörungsideologischen „Corona-Proteste“ rufen zu anderen Veranstaltungen auf, jedoch sympathisieren Teile dieser Bewegung mit den Inhalten der Reichsbürgerszene, der rechtsextreme Zusammenschluss aus Sachsen trat bislang noch nicht in Berlin in Erscheinung. Realistisch erscheinen am kommenden Samstag insofern Zahlen im niedrigen bis mittleren dreistelligen Bereich.

Stand 18.03.21

(1) https://www.mbr-berlin.de/mbr-einschaetzung-zum-geplanten-reichsbuerger-aufzug-am-9-november-im-regierungsviertel/
(2) https://berlin-gegen-nazis.de/das-ende-von-baergida-ein-rueckblick/
(3) https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/rechtsextreme-gr-nden-gruppe-freie-sachsen

Geplante Versammlungen von Reichsbürgern und anderen rechtsextremen Gruppierungen am 20. März in der Berliner Innenstadt

Am kommenden Samstag, den 20. März, planen Reichsbürger und rechtsextreme Gruppierungen mehrere Versammlungen in der Berliner Innenstadt. Die Veranstaltungen stehen unter dem Motto „Frieden, Freiheit, Souveränität“ – ein gängiger Slogan im Spektrum der Reichsbürger, die davon ausgehen, Deutschland habe keinen Friedensvertrag, sei kein souveräner Staat und stehe unter Kontrolle ausländischer Mächte. Angemeldet ist nach derzeitigem Stand (18.03.) ein Aufzug ab 9 Uhr vom Brandenburger Tor zur Reichstagswiese über die Straße des 17. Juni, Yitzhak-Rabin-Straße, Heinrich-von-Gagern-Straße und Paul-Löbe-Allee. Angemeldet ist außerdem ein Autokorso ab 11 Uhr von der Straße des 17. Juni, der u.a. über Alt-Moabit, Invalidenstraße, Karl-Liebknecht-Straße, Grunerstraße sowie Leipziger Straße führt und wieder auf der Straße des 17. Juni enden soll.

Zudem haben sächsische Rechtsextreme einen Autokorso ab 7:30 Uhr in Wildau (Brandenburg) angekündigt, der über Treptow-Köpenick, Neukölln und Kreuzberg nach Mitte führen soll. Zuvor wollen sie in der Nacht ab 3:30 Uhr von Hof (Bayern) aus verschiedene Autobahnrasthöfe in Sachsen anfahren, um Mitstreiter einzusammeln und geschlossen in Wildau am A10 Center anzureisen. Die kompletten Streckenverläufe finden sie bei unserem Partnerprojekt Berlin gegen Nazis.
Bereits seit Monaten kursieren im Internet Aufrufe, die für 12 Uhr vor die russische Botschaft und für 14 Uhr vor den Reichstag mobilisieren. Eine entsprechende Anmeldung vor der Botschaft liegt für den Zeitraum zwischen 11 Uhr und 20 Uhr vor.

Wer ruft auf?

Verschiedene Gruppen aus dem rechtsextremen Spektrum und dem Reichsbürger-Milieu bewerben seit Monaten den Termin im Internet. Unter diesen befinden sich Gruppierungen wie die rechtsextreme „Patriotic Opposition Europe“ und die Reichsbürger von „Gelbe Westen Berlin“, die beide in der Vergangenheit bereits Veranstaltungen in Berlin durchgeführt haben, zuletzt jedoch selten eine größere Anzahl an Teilnehmenden mobilisieren konnten. (1) Ebenso findet sich der flüchtlingsfeindliche Berliner Pegida-Ableger „Bärgida“ unter den Aufrufenden, der aber seit Jahren nicht mehr in Erscheinung trat. (2) Insgesamt handelt es sich bei dem aufrufenden Bündnis um einen Zusammenschluss von Kleinstgruppierungen und Labels, die in dieser Form noch nie außerhalb der online-Welt in Erscheinung getreten sind und hinter denen sich vermutlich mehrheitlich Einzelpersonen verbergen. Ihre Mobilisierungskraft muss als begrenzt bewertet werden. Eine rechtsextreme Gruppierung aus Nordrhein-Westfalen hat sich mit einem Reisebus angekündigt.

Mit Unterstützung von Gruppierungen aus den aktuellen, rechtsoffenen und verschwörungsideologisch geprägten Protesten der Gegner_innen der Corona-Maßnahmen können die Rechtsextremen am Samstag in Berlin offenbar nicht rechnen. Die bundesweiten verschwörungsideologischen Spektren mit größerer Mobilisierungsstärke wie das „Querdenken“-Netzwerk rufen nicht nach Berlin auf, sondern mobilisieren zu einer Kundgebung in Kassel. Obwohl Reichsbürger in großer Zahl an den Aktionen von „Querdenken711“ im August letzten Jahres in Berlin partizipierten, konnten sie selbst bisher nur vereinzelt Protagonisten aus diesem Milieu zu ihren eigenen Aktionen mobilisieren.

Die kleinen lokalen Berliner Gruppierungen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum haben sich zudem in der Mehrzahl von der Mobilisierung abgegrenzt und empfehlen ihren Anhänger_innen für den 20. März die Teilnahme an den Versammlungen in Potsdam oder Kassel. Diese Spektren haben zuletzt am 13. März ohne größere Mobilisierung eine mittlere dreistellige Teilnehmendenzahl in Berlin-Mitte zusammengebracht. Denkbar wäre dennoch, dass sich Einzelne ihrer Anhänger_innen den Reichsbürgerkundgebungen anschließen könnten.

Wie groß ist die Mobilisierung nach Berlin?

Die Erfahrungen der vergangenen Monate zeigen, dass für Mobilisierungsdynamiken die letzten Tage vor dem jeweiligen Termin ausschlaggebend sind. Aktuell wurde ein von der Stadt Kassel erlassenes Verbot der „Querdenken“-Veranstaltung vom Verwaltungsgericht aufgehoben. Sollten die Behörden dort in die nächste Instanz gehen und Erfolg haben, könnte bei einem Verbot möglicherweise Berlin als Ausweichort angesteuert werden.

In dieser Woche wurde bekannt, dass sächsische Rechtsextreme die Veranstaltungen in Berlin unterstützen wollen. Seit Wochen besteht das Angebot einer bundesweiten Busanreise für den 20. März von der Initiative #honkforhope, die in der Vergangenheit die Anreisen zu den großen verschwörungsideologischen Versammlungen in Berlin unterstützte. Allerdings gab es solche Angebote auch zu kleineren, regionalen Aktionen wie zuletzt im Januar 2021 zu einer Reichsbürger-Kundgebung in Berlin, zu der lediglich eine geringe zweistellige Anzahl an Teilnehmenden erschien. Aus dem bloßen Angebot einer Anreiseunterstützung lässt sich insofern keine seriöse Einschätzung der Versammlungsgröße ableiten.

Die neugegründete rechtsextreme Gruppierung „Freie Sachsen“ mobilisiert ebenfalls nach Berlin und will einen Autokorso nach Berlin durchführen. Die Gruppe „Freie Sachsen“ hat sich Anfang März gegründet. Im Vorstand sind Funktionäre von NPD und „Pro Chemnitz“. Ein Mitinitiator von #honkforhope ist stellvertretender Vorsitzender dieses Zusammenschlusses. (3)

Ob dieser Zusammenschluss außerhalb Sachsens über Mobilisierungspotential verfügt, muss sich noch zeigen. Dennoch ist durch diese Unterstützung zumindest eine größere Teilnehmendenzahl denkbar. Diese könnte letztlich sogar ausschlaggebend sein, denn in den vergangenen Wochen fiel das Bündnis der Organisatoren zum 20. März vor allem durch Distanzierungen, insbesondere von Personen aus dem Hooliganspektrum, sowie durch Streitigkeiten in sozialen Netzwerken auf. Eine der ursprünglichen Reichsbürger-Gruppierungen mobilisiert bereits zu einem anderen Datum.

Aus dieser Gemengelage lässt sich eine verlässliche Prognose der Teilnehmendenzahlen für kommenden Samstag nur schwer herleiten. Die ursprünglichen Organisatoren verfügen über wenig Mobilisierungspotential oder sind gänzlich unbekannt, Protagonisten der verschwörungsideologischen „Corona-Proteste“ rufen zu anderen Veranstaltungen auf, jedoch sympathisieren Teile dieser Bewegung mit den Inhalten der Reichsbürgerszene, der rechtsextreme Zusammenschluss aus Sachsen trat bislang noch nicht in Berlin in Erscheinung. Realistisch erscheinen am kommenden Samstag insofern Zahlen im niedrigen bis mittleren dreistelligen Bereich.

Stand 18.03.21

(1) https://www.mbr-berlin.de/mbr-einschaetzung-zum-geplanten-reichsbuerger-aufzug-am-9-november-im-regierungsviertel/
(2) https://berlin-gegen-nazis.de/das-ende-von-baergida-ein-rueckblick/
(3) https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/rechtsextreme-gr-nden-gruppe-freie-sachsen