Rechtsextreme Anschlagsserie in Neukölln

Steine, Farbe, ein zerstörtes Plakat und ein Brandsatz. Fünf rechtsextreme Anschläge in nur einer Nacht gab es am Montag früh in Neukölln. Offenbar sind die Reste des Neonazi-Netzwerkes „NW-Berlin“ wieder aktiv. Am Freitag findet jetzt im Bezirk eine Solidaritätsdemonstration für die Betroffenen statt.

Der erste Anschlag in der Nacht zu Montag traf die Buchhandlung Leporello in der Krokusstraße in Rudow. Vier Steinwürfe zerstörten die Scheibe, durchschlugen sie jedoch nicht. Die Pflastersteine wurden nicht vor Ort entnommen, sondern mitgebracht. Das lässt auf eine geplante Tat schließen. In der Buchhandlung fand am 2. Dezember gerade erst die Veranstaltung „Was tun gegen die AfD? Aufstehen gegen Rassismus!“ der Initiative „Neuköllner Buchläden gegen Rechtspopulismus und Rassismus“ statt. Das Bündnis hat zu dem Angriff eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Ebenfalls betroffen ist das linke Kollektiv „K-Fetisch“ in der Wildenbruchstraße. Hier hebelten die Täter eine Jalousie hoch und legten Brandbeschleuniger auf das Fensterbrett. Obwohl die Scheibe durch die Flammen bereits gesprungen war, erlosch glücklicherweise das Feuer. In den Stockwerken über dem Café leben viele Familien. „Sie hatten riesiges Glück, dass nicht das ganze Haus abgebrannt ist“, sagte ein Ermittler des Staatsschutzes den Cafébetreibern. Auch das K-Fetisch veröffentlichte eine Pressemitteilung.

Als drittes traf es eine Privatperson im Schillerkiez. Dort wurden um 3:20 Uhr die Fenster mit einem Stein und einem Schraubglas mit Farbe eingeworfen. Auch hier wurde zum Glück niemand verletzt. Eine Nachbarin sah zur Tatzeit einen dunklen Skoda ohne Licht in der Nähe warten. Erst im Juli dieses Jahres wurde derselben Person unweit der Wohnung das Auto angezündet.

In Rudow wurde in der besagten Nacht ein Plakat auf dem Gelände der Evangelischen Kirchengemeinde in der Köpenicker Straße zerstört. Der Schriftzug „Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sind mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar. (Beschluss der Landessynode vom 16. Mai 2009)“ wurde aus dem großen Plakat herausgeschnitten und entwendet. Die Evangelische Kirchengemeinde Rudow hat ihr zweites Plakat mit dem gleichen Motiv jetzt in größerer Höhe angebracht.

Darüber hinaus wurde der MBR ein fünfter Anschlag in derselben Nacht bekannt. Auf eine Neuköllner Wohnung außerhalb des S-Bahnringes wurden in der Nacht mindestens ein Stein und ein Glas mit Farbe geworfen. Am frühen Montagabend kamen die Täter zurück und warfen einen weiteren Stein durch die Fensterscheibe. Es wurde niemand verletzt. Die Betroffenen haben sich sichtbar nach außen gegen Nationalismus und Chauvinismus positioniert. Deshalb wurden sie vermutlich angegriffen.

Es ist davon auszugehen, dass hinter den Angriffen die Personen aus dem ehemaligen Netzwerk „NW-Berlin“ stecken, die jetzt unter dem Label „Freie Kräfte Berlin Neukölln“ (FKBN) auftreten. Das Vorgehen, die Tatzeit und die Wahl der Ziele sprechen dafür. Erst vor wenigen Monaten hatten die FKBN eine Karte mit „linken Läden“ im Internet veröffentlicht und indirekt zu Gewalt gegen diese aufgerufen.

Medien zitieren staatliche Stellen mit der Einschätzung, dass hinter den Angriffen „eine Handvoll Leute aus Neukölln“ stünden, die zuvor im Umfeld von „NW-Berlin“ aktiv waren.

Die Demonstration wegen der Angriffe beginnt am Freitag, den 16.12.2016 um 18 Uhr am Hermannplatz.