Verschwörungsideologische Berliner Gruppierungen bewerben für Samstag den 4. Dezember 2021 eine rechtsoffene Versammlung als „Großdemonstration“. Die Route soll von Berlin-Mitte nach Kreuzberg führen. Auch wenn die Mobilisierungsfähigkeit dieses Spektrums sowohl innerhalb Berlins als auch für Auswärtige seit dem Sommer beständig abgenommen hat, werden nach wie vor regelmäßig Versammlungen durchgeführt; zuletzt hat daran eine zweistellige bis niedrige dreistellige Personenzahl teilgenommen. Abzuwarten bleibt, welche Auswirkungen das aktuelle Verbot der angemeldeten Versammlung haben wird. Die bisherigen Erfahrungen im Zusammenhang mit verschwörungsideologischen Protesten zeigen, dass auch bei einem Verbot mit (spontanen) Versammlungen zu rechnen ist. Für diese Einschätzung spricht, dass Teile des Organisationskreises bereits im August für die Koordination der – trotz einer Vielzahl von Versammlungsverboten durchgeführten – Aufmärsche im Stadtgebiet verantwortlich waren.
Neue Dynamik der Proteste
Der Blick über Berlin hinaus zeigt, dass es in den vergangenen Wochen eine neue Dynamik in den verschwörungsideologischen Protesten der Pandemieleugner_innenszene gab. Die verbliebenen Protagonist_innen dieser in Deutschland zumeist regionalen Proteste haben sich weiter radikalisiert. Sie sehen in den derzeit öffentlich diskutierten sowie in den bereits beschlossenen Maßnahmen nun diejenigen Prognosen bestätigt, die in den Verschwörungsnarrativen seit Monaten auf Messengerdiensten wie Telegram verbreitet wurden.
Die 3G-, 2G- und 2G+-Regelungen im Rahmen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie führen für nicht geimpfte Personen bereits jetzt zu Einschränkungen des öffentlichen Lebens, und eine mögliche Impfpflicht dürfte die gesellschaftlichen Spaltungen und Verhärtungen noch verschärfen.
Mit den stärkeren Zugangsbeschränkungen nehmen auch die direkten Konfrontationen von Impf- und Maskenverweigernden mit denjenigen zu, die entsprechende Maßnahmen durchsetzen sollen; damit steigt die Wahrscheinlichkeit gewalttätiger Angriffe. Ob sich vor diesem Hintergrund auch die Versammlungen des verschwörungsideologischen Spektrums in Berlin weiter radikalisieren, bleibt abzuwarten. Personen, die für Gegner_innen dieser Versammlungen gehalten werden, sowie Pressevertreter_innen vor Ort sind ohnehin gefährdet.
Auswirkungen für Berlin unklar
Die aktuellen Entwicklungen lassen Mobilisierungserfolge für verschwörungsideologische Proteste wieder wahrscheinlicher werden. In Berlin ist zwar bislang noch keine entsprechende Dynamik feststellbar, und die Bewerbung der Versammlung am 4. Dezember erfolgt vorwiegend lokal. Aufgrund größerer Versammlungen im Berliner Umland im Verlauf dieser Woche kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Mobilisierung noch an Fahrt aufnimmt. Das könnte zu einer überregionalen Beteiligung an der Demonstration oder spontanen Versammlungen und damit zu einer höheren Teilnehmendenzahl führen, als sie momentan zu erwarten ist. Mit der Teilnahme von einzelnen Rechtsextremen ist – wie bei allen Versammlungen dieser Art seit Frühjahr 2020 – zu rechnen.
Über die Anmeldungen und die geplanten Gegenproteste informiert unser Schwesterprojekt Berlin gegen Nazis hier.
Stand: 2.12.2021