Für die Neonazis war die Veranstaltung ein Misserfolg. Von den angemeldeten 500 Rechten erschienen lediglich 150. Die NPD hatte gehofft mit drei bekannten Nazi-Bands rechtsextreme Nachwuchswähler zu erreichen.
Ab 11 Uhr begannen die Protestaktionen in Treptow gegen die NPD-Kundgebung mit Nazi-Konzert. Unter den Demosntranten befand sich unter anderem der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) und Linke-Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi. Auf Transparenten hieß es „Berlin gegen Nazis“ und „Null Toleranz für Nazis“. Die Aktionen verliefen laut Polizei bis zum frühen Nachmittag friedlich. „Wir haben als demokratische Bürger dieser Stadt das Recht und die Pflicht zu protestieren, wenn Neonazis demonstrieren“, sagte Thierse. „Wir dürfen ihnen die Straße nicht überlassen.“ Er forderte erneut ein NPD-Verbot. Gysi sagte, die Gesellschaft dürfe die NPD nicht tolerieren.
Der Verkehr in Schöneweide war den ganzen Tag über fast komplett lahm gelegt. Busse und Straßenbahnen fuhren nicht mehr, durch die Sitzblockade auf dem Bahnsteig am Morgen musste auch die S-Bahn für knapp 1,5 Stunden gestoppt werden. Viele Anwohner reagierten verwundert und zum Teil verärgert auf das Polizeiaufgebot. Sogar Polizeieinheiten aus Bayern, Sachsen und Brandenburg waren im Einsatz. „Es kann doch nicht sein, dass die hier für die Nazis die halbe Stadt absperren“, sagte eine Anwohnerin, die mit ihrem Kinderwagen an den Polizeisperren nicht durchgelassen wurde.
Die von der NPD erhofften Nachwuchs-Rechten sind am Samstag nicht gekommen. Direkt unter einem großflächigen „Berlin gegen Nazis“-Transparent, umzäunt von Polizeigittern, stand lediglich der harte Kern der Berliner und Brandenburger Naziszene, darunter auch Mitglieder der verbotenen „Kameradschaft Frontbann 24“. Die Reden gingen in einem gellenden Pfeifkonzert der Gegendemonstranten unter.
Mit einer Sitzblockade auf dem S-Bahnhof Schöneweide hatten nach Polizeiangaben rund 120 linke Gegendemonstranten versucht, den NPD-Anhängern den Zutritt zum Veranstaltungsort zu versperren. Dadurch begann die Veranstaltung erst mit einer Stunde Verspätung. „Die Proteste sind ein wichtiges Signal der Zivilgesellschaft, dass Neonazis in Schöneweide nicht erwünscht sind“, sagte Bianca Klose von der Mobilen Opferberatung gegen Rechtsextremismus. „Die Parteien sind ihrer demokratischen Verantwortung gerecht geworden.“ Sie kritisierte, dass die Proteste nicht wie geplant in Sicht- und Hörweite der Rechtsextremen stattfinden konnten.
(Johannes Radke)