Mit welcher Brutalität Rechte in diesem Wahlkampf gegen demokratische Parteien und ihre Vertreter vorgehen, ist widerwärtig. Bedrohungen und Pöbeleien an Wahlkampfständen, Einschüchterungsversuche durch Filmen oder aggressives Stören bei Veranstaltungen, jetzt sogar schwere Körperverletzung – es kann nicht geduldet werden, dass Wahlkämpfer um ihre körperliche Unversehrtheit Angst haben müssen.
Die Realität ist: Wer heute Wahlkampf macht, muss einiges beachten. Vorher etwa absprechen, wer wann die Polizei holt, falls der Stand oder die Versammlung von Nazis bedroht wird, raten Initiativen gegen Rechtsextremismus. Und: Ruhig mal ein NPD-Programm lesen, um auch verbal reagieren zu können.
Aber: War es nicht genau das, was immer vermieden werden sollte – mit Nazis überhaupt zu diskutieren? Haben sie es mit ihrer Strategie von Bedrohung und Einschüchterung tatsächlich geschafft, das zu bekommen, was Demokraten ihnen verweigern wollten: Beachtung, ja Macht?
Unsicherheit aufseiten ihrer Gegner lasse die Nazis sich stark fühlen, sagt Bianca Klose, Beraterin gegen rechts. Vielleicht hat die Strategie, sie zu ignorieren, ganz genau dazu geführt?
Sicher ist, dass die Gewaltbereitschaft und Aggressivität von Neonazis, brutal in den Wahlkampf einzugreifen, unterschätzt wurde. Darauf jetzt zu reagieren und sich intensiver mit ihnen zu beschäftigen kann nicht falsch sein. Man sollte schließlich den Gegner kennen, den man bekämpfen will. Das heißt ja nicht, dass man ihn gleich auf jede Podiumsdiskussion einladen muss.
(Alke Wierth)