Sie schmieren Hakenkreuze, plakatieren Nazipropaganda und gehen mit Schlagstöcken auf alternative Jugendliche los. Ausgerechnet im multikulturellen Stadtteil Wedding versucht seit einigen Monaten eine neue Nazigruppierung namens „Freie Nationalisten Mitte“ (FN Mitte), Migranten, Schwule und Nazigegner einzuschüchtern. Betroffen sind vor allem Kultureinrichtungen, die sich offen gegen Rassismus positionieren.
Erst vor zwei Wochen setzte die Polizei sechs Mitglieder der Gruppe fest, die auf dem Weg zum Jugendzentrum „Bunte Kuh“ in Weißensee waren. Offenbar hatten sie sich auf Gewalt eingestellt. Die Polizei fand bei den Rechten verbotene Teleskopschlagstöcke, Handschuhe, Pfefferspray, zwei Teppichmesser und eine Sprühdose. Schon vor einigen Wochen waren Naziparolen und die Internetadresse der FN Mitte an das Gebäude gesprüht worden. Vor allem die Bewaffnung der Rechten sei für sie erschreckend, sagte eine Sprecherin vom Kultur- und Bildungszentrum Weißensee, zu dem auch der Jugendtreff „Bunte Kuh“ gehört.
Die Polizei scheint die Neonazis nicht zu beeindrucken. Sie schreiben regelmäßig auf ihrer Webseite über ihre Straftaten. Sie berichten, wie sie eine Gruppe polnischer Touristen und zwei Schwule auf einem S-Bahnhof verprügelt hätten, oder amüsieren sich über die Polizei, die im Mai vier Mitglieder beim Anbringen von Naziplakaten festgenommen hat.
„Diese Gruppe tritt sehr selbstbewusst auf“, bestätigt Ulf Bünermann von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Umso überraschender sei es, dass die Polizei im Bezirk das Problem offensichtlich nicht besonders ernst nehme. „Nach den Geschehnissen letztes Wochenende hat sie nicht mal eine Pressemitteilung herausgegeben.“ Erst durch Journalisten sei der Vorfall öffentlich geworden. Das „Bündnis Mitte gegen Rechtsextremismus“ ruft jetzt die Anwohner auf, rechtsextreme Schmierereien und Bedrohungen zu dokumentieren und dem Bündnis zu melden. In den nächsten Wochen sollen Flugblätter und Plakate zu der Aktion verteilt werden.
Szenekennern ist die FN Mitte nicht unbekannt. Viele Mitglieder sind schon Jahre aktiv, aber erst vor kurzem nach Wedding gezogen. „Wir sehen uns als nationale Freiheitskämpfer“, lautet ihre Beschreibung im Internet. Sie gehören zu den jungen, gewaltbereiten Neonazis, die sich bundesweit als „Autonome Nationalisten“ bezeichnen. Einer der führenden Köpfe der FN Mitte, Steve H., trug schon beim Naziaufmarsch am 1. Mai 2004 das Fronttransparent der NPD. Er war an der geplanten Nazirandale am 1. Mai auf dem Ku’damm beteiligt und wurde festgenommen. Ein anderes Mitglied der Gruppe trainierte in Kampfuniform mit einem Softairteam in Königs Wusterhausen. Erst als seine Gesinnung bekannt wurde, schloss das Team ihn aus.
(_Johannes Radke_)