(19.08.2009) junge welt

Ende vergangener Woche stellten die Bundeszentrale für politische Bildung und das Projekt “jugendschutz.net” in Berlin ihren Jahresbericht 2008 zu rechtsextremen Aktivitäten im Internet vor.

Demzufolge wurde im vergangenen Jahr eine erneute Zunahme von neonazistischen Webseiten dokumentiert und ein verstärktes Auftreten im sogenannten Web 2.0, den interaktiven Angeboten im Internet, registriert. Ob volksverhetzende Videos auf YouTube, Nazisymbole in Profilen von Facebook, Myspace, Twitter und Co. oder die Vernetzung bei Twitter, “es findet Mißbrauch in sämtlichen Diensten statt”, so Stefan Glaser, Leiter des Bereichs Rechtsextremismus bei “Jugendschutz.net”. Seine Organisation habe im vergangenen Jahr mehr als 1700 rechtsextreme Webseiten im Netz ausfindig machen können, mit steigender Tendenz. In sozialen Netzwerken und Videoplattformen registrierten sie mit mehr als 1500 neofaschistischen Videos und Profilen sogar doppelt so viele Verstöße wie im Jahr 2007.

Filme seien derzeit der zentrale Träger der menschenverachtenden Botschaften, so Glaser. Problematisch sei, daß diese nicht immer sofort als rechtsextrem erkennbar seien und daß sie sich oft unterhalb der Strafbarkeitsgrenze bewegten. Deshalb sei es schwierig, gegen die Urheber vorzugehen. Neben der NPD versuchen dem Bericht zufolge vor allem “Autonome Nationalisten”, sich das Internet zu erschließen.

“jugendschutz.net” wurde 1997 von den Jugendministern der Bundesländer gegründet, um gegen neofaschistische Webangebote vorzugehen und diese nach Möglichkeit aus dem Netz zu entfernen. Als wirksam erwies sich dabei die Kontaktaufnahme mit den Providern im In- und Ausland. Dadurch konnten 2008 rund 80 Prozent der verbotenen Nazipropaganda aus dem Netz entfernt werden. Stefan Glaser verweist aber auf eine hohe Fluktuation aufgrund der Struktur des Web 2.0. Deswegen gelänge es nicht dauerhaft, Inhalte zu verbannen. Ein entferntes Video werde von einem anderen Provider einfach neu ins Netz gestellt. Man könne Neofaschismus im Netz nicht nur technisch begegnen, so das Fazit von “jugendschutz.net”.

Ähnlich sieht das auch Matthias Müller von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin: “Gerade weil das World Wide Web immer selbstverständlicher von jungen Menschen genutzt wird, stehen Pädagoginnen und Pädagogen sowie Eltern vor der Herausforderung, sich selbst die notwendigen Medienkompetenzen anzueignen.” Die kritische Auseinandersetzung mit medial verbreiteten rechten Inhalten müsse gefördert werden.

Von Theo Schneider

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