Vom Kommunalparlament über den Landtag in den Bundestag – von diesem Marsch durch die Institutionen träumen extrem rechte Parteien. “Die Kommunen sind der zentrale Schauplatz rechtsextremer Bemühungen um politischen und kulturellen Einfluss”, sagte Bianca Klose, Geschäftsführerin des Vereins für Demokratische Kultur in Berlin (VDK), am Donnerstagabend.
Mehr als 30 Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien aus sieben Bundesländern, Vertreter von Beratungsprojekten und Wissenschaftler trafen sich am Donnerstag im Berliner Centrum Judaicum, um über gemeinsame Strategien im Umgang mit rechtsextremen Parteien zu beraten. Sie einigten sich auf acht Eckpunkte und debattierten die Ergebnisse abends auf einer Podiumsdiskussion.
Nach den Kommunalwahlen vom 7. Juni 2008 und den jüngsten Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der rechtsextremen Mandatsträger bundesweit auf über 660 gestiegen – drei Fünftel von ihnen gehören der NPD an. Sie nutzen die Landesparlamente und kommunalen Gremien als Bühne für Agitation und als Finanzierungsquellen.
Die Berliner Fachtagung fand im Rahmen des VDK-Projekts “Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in kommunalen Gremien Berlins – Dokumentation und Analyse” statt. Vielerorts seien Kommunalpolitiker noch nicht auf die Auseinandersetzung mit den Rechten vorbereitet, sagte Projektleiter Mathias Wörsching. Darum sind die demokratischen Parteien “angehalten, sich fortlaufend über ihren Umgang mit den Rechtsextremen abzustimmen”, heißt es in dem Papier.
Zu den Eckpunkten gehört das Betonen der antidemokratischen und menschenverachtenden Ideologie der Rechtsextremen. Auch dürften die demokratischen Parteien “niemals mit den Stimmen der Rechtsextremen kalkulieren”, nie Anträgen der Rechten zustimmen. Diese müssten vielmehr öffentlich inhaltlich auseinandergenommen werden. Letztlich müsse der Bewegungsspielraum der Rechtsextremen mit demokratischen Mitteln eingeschränkt werden. Dazu gehört beispielsweise ein in Berlin erfolgreich angewandter Mietvertrag, der Klauseln enthält, die rassistische, antisemitische oder antidemokratische Äußerungen auf rechten Veranstaltungen in Bezirksräumen verbieten.
Götz Ulrich (CDU), Verbandsgemeindebürgermeister in Sachsen-Anhalt, sagte, dass die Auseinandersetzung schwieriger würde, je weiter “nach unten” man komme. Die für Berlin entwickelten Strategien seien nicht eins zu eins auf Flächenländer übertragbar. Auch er betonte die Wichtigkeit des gemeinsamen Umgangs über Parteigrenzen hinweg.
Der Konsens der demokratischen Parteien habe in ihrem Bundesland auch zu einem respektvolleren Umgang miteinander geführt, sagte Sylvia Brettschneider (SPD), Landtagspräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. Demokratie sei ein Wert an sich, und es seien alle gefordert, “ihren Hintern zu heben” – nicht nur Vertreter der Parteien.
Von Jörg Meyer