Anlass genug für die SPD, gemeinsam mit ihren Fraktionsvorsitzenden der betroffenen BVV eine erste Zwischenbilanz der rechten Aktivitäten vorzunehmen. Die Analyse für die fünf Bezirke – in vier sitzt die NPD gemeinsam mit der DVU, in Pankow ein passiver Republikaner – fällt eindeutig aus: Die Rechtsextremen setzen nichts um, ihre Anträge sind gespickt mit Formfehlern, oft handele es sich lediglich um effekthascherische Versuche, Aufmerksamkeit zu erlangen, die dazu »zentral aus der Bundeszentrale gesteuert« seien. »Die Leute der NPD kochen auch nur mit Wasser«, bringt der SPD-Fraktionschef von Neukölln, Jürgen Koglin, das kollektive Aufatmen bei den Sozialdemokraten nach dem Schock der rechten Wahlerfolge auf den Punkt.
Selbst in Treptow-Köpenick, wo die NPD mit ihrem Bundesvorsitzenden Udo Voigt und dem Landesvorsitzenden Eckart Bräuniger gewählt wurde, ein ähnlich desolates Bild. »Bei so viel Prominenz hätte man erwarten können, dass ein besonderer Schwung in die BVV kommt«, sagt Oliver Igel (SPD). Nach anfänglichen Anträgen zu einem Seniorenheim und für eine freie Durchfahrt durch die Altstadt Köpenick kämen inzwischen nur noch ideologische Anträge zur »Hetze gegen Ausländer« aus der braunen Ecke.
Während die NPD nach SPD-Meinung nichts zu Stande bringt, gelinge das Zusammenspiel der demokratischen Parteien dagegen außerordentlich gut. »Wir haben alle Anträge der NPD versenkt«, berichtet etwa der Marzahner SPD-Fraktionsvorsitzende. Auch in den anderen Bezirken funktioniert die Ausgrenzung der Rechten. Übrigens nicht nur in den Parlamenten, sondern auch bei deren außerparlamentarischen Aktivitäten.
In der Euphorie über das gemeinsame demokratische Handeln unter den Sozialdemokraten fielen die nachdenklichen Bemerkungen des BVV-Fraktionschefs der SPD von Lichtenberg, Manfred Becker, desto mehr auf. »Wir haben nicht das Glück, gestaltlose und unfähige Personen zu haben«, erklärt Becker. Die Anträge der Nazis kämen im Gegenteil »wohl überlegt und höchst provokativ«.
Dass es keinen Grund für eine Entwarnung gibt, meint auch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). »Die NPD wird weiter versuchen, über die BVV an ›Normalität‹ zu gewinnen«, prognostiziert Annika Eckel von der Beratungsorganisation. Zudem sei eine kommunalpolitische »Professionalisierung« der NPD erkennbar. So würden keine eigenen Anträge mehr formuliert, sondern Änderungsanträge. Dadurch gelinge es – trotz Isolation –, an den Debatten teilzunehmen.
Auch die Gruppe »Nazis in den Parlamenten«, die die Auftritte der NPD und DVU dokumentiert, sieht weiter Handlungsbedarf. »Es wäre notwendig, sich viel mehr mit dem Programm und der Ideologie der Nazis auseinanderzusetzen«, fordert Frauke Schalau von dem Projekt. Natürlich nicht im Dialog mit den Rechten, sondern inhaltlich.
(Martin Kröger)