Seit über einem Jahr ist das ehemalige Gardinengeschäft in der Lückstraße 58 ein Treffpunkt der rechten Szene. »Der Verfassungsschutz ist der Meinung, es handele sich dabei um einen rechten Jugendtreff«, sagt Annika Eckel von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR). »Aus unserer Sicht ist der Laden jedoch vielmehr das Szenewohnzimmer der Autonomen Nationalisten.« Das Lichtenberger Bündnis für Demokratie und Toleranz hatte gemeinsam mit der MBR und dem Bezirksbürgermeister Andreas Geisel (SPD) zum Pressegespräch geladen, um nach einem Jahr Bilanz zu ziehen.
Fenster und Fassade sind über und über mit schwarzer Farbe besudelt, wer den Laden betreten will, muss klopfen oder klingeln, berichten Anwohner. Mit der Außenwirkung beispielsweise der Kneipe »Zum Henker« in Schöneweide sei der Laden im Lichtenberger Weitlingkiez nicht zu vergleichen, sagt Annika Eckel.
Das »Lichtenberger Register« verzeichnete in diesem Jahr bereits 48 Vorfälle von Schmierereien, Übergriffen oder Sachbeschädigungen mit rechtsextremem Hintergrund. Stolpersteine werden mit Teerfarbe begossen, an die Lückstraße 58 wird ein goldenes Hakenkreuz gesprüht und Werbung für Neonaziaufmärsche geklebt. Allein 17 Vorfälle im Kiez rings um die Lück- respektive die Weitlingstraße dokumentiert das Register. Die Meldungen kommen von Anwohnern oder örtlichen antifaschistischen Gruppen. »Seit sich der Treff dort befindet, gab es einen deutlichen Anstieg von derlei Vorfällen«, betont Eckel.
Bereits seit 2008 gibt es im Bezirk das Lichtenberger Bündnis für Demokratie und Toleranz. Derzeit arbeitet das Bündnis aktiv gegen den Treff, beziehungsweise gegen die Hinterlassenschaften der Neonazis an Laternenpfählen und Litfaßsäulen.
Der Vermieter des Ladengeschäftes hat dem Tarnverein Sozial engagiert in Berlin e.V. im September 2011 gekündigt. Dieser Kündigung sei der Verein jedoch nicht nachgekommen, daher laufe derzeit eine Räumungsklage, berichtet Kevin Hönicke vom Lichtenberger Bündnis für Demokratie und Toleranz. Als Vorsitzende des Vereins benannte beispielsweise das Bündnis »Nazis auf die Pelle rücken« bereits im September Sebastian Thom und David Gudra, zwei einschlägig bekannte und vorbestrafte Neonazis.
»Uns geht es derzeit vor allem darum, dem Vermieter zur Seite zu stehen und ihm zu signalisieren, dass er mit diesem Problem nicht allein bleibt«, so Hönicke. Dem überparteilichen Bündnis gehören unter anderem zivilgesellschaftliche Initiativen, Anwohner und Gewerbetreibende des Kiezes an. Außerdem arbeite man eng mit der Polizei zusammen. »Ein deutlicher Erfolg der Arbeit im Kiez ist es, dass mehr Menschen angesprochen werden und sich angesprochen fühlen.«
Wenn es Vorfälle gibt, gehe es darum sich mit den Betroffenen zu solidarisieren und die Vorkommnisse publik zu machen. Zudem sind laut Hönicke mittlerweile auch viele Anwohner engagiert, rechte Propaganda schnell wieder zu entfernen. Und: Geschmierte Parolen blieben nicht lange stehen.
Bezirksbürgermeister Andreas Geisel informierte, dass es für Gewerbetreibende mittlerweile gesonderte Informationen gebe, die verhindern sollen, dass Läden beispielsweise an Tarnvereine vermietet werden. In Zusammenarbeit mit der MBR würden diese Infos stetig aktualisiert.
(_Sarah Liebgt_)