Seit sechs Jahren wird auf der Internetseite des „Nationalen Widerstandes“ (www.nw-berlin.net) gegen linke oder vermeintlich linke Einrichtungen in Berlin gehetzt. Mehrere Häuser und Läden, die auf der Seite aufgelistet sind, wurden bereits Ziel von Brandanschlägen. Seit zehn Monaten veröffentlichen Neonazis nun auch Namen und Fotos politischer Gegner auf der Seite www.chronik-berlin.com, die ebenfalls zum „Nationalen Widerstand“ gehört. Einige Betroffene wurden bereits bedroht.
Nun ist auch der Staatsschutz der Polizei darauf aufmerksam geworden. Die Abteilung des Landeskriminalamtes verschickt in diesen Tagen Briefe an die namentlich Aufgelisteten. Diese werden darüber informiert, dass sie im Internet als politische Gegner dargestellt werden – was die meisten aber bereits selbst wussten. In dem Schreiben teilt die Polizei zugleich mit, dass sich „keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung ergeben“ hätten. Den Betroffenen stehe es aber frei, Anzeige zu erstatten. Nach Auskunft einiger Betroffener geschah auch das schon längst. Jedoch verliefen die Verfahren stets im Sande.
Auf der Liste stehen Politiker, Anwälte, Fotografen und Journalisten. Sogar ein Redakteur des Springerverlags, der nicht gerade im Verdacht steht, linksradikal zu sein, findet sich dort. „Das Ausspionieren, Verleumden und die Veröffentlichung personenbezogener Informationen Engagierter ist wesentlicher Teil rechtsextremer Politik“, sagt Bianca Klose von der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechts. Die Behauptung der Staatsschützer, dass es keine konkrete Gefährdung gebe, hält Klose, die selbst auf der Liste steht, für „eine völlige Fehleinschätzung“. Schließlich seien schon Drohungen an die Wohnhäuser Betroffener gesprüht worden. Klose erinnert auch an den Brandanschlag in der Nacht zum 9. November auf das Haus der Jugendorganisation der „Die Falken“ in Neukölln – schon der zweite schwere Anschlag.
Innensenator Frank Henkel (CDU) sagte am Mittwoch im Verfassungsschutzausschuss, er verurteile diese Versuche der Rechtsextremisten, ein Klima der Einschüchterung zu erzeugen. Er sagte, dass der Server, über den die Internetseite betrieben wird, in den Vereinigten Staaten stehe und die deutschen Behörden deshalb rechtlich kaum eine Handhabe hätten. „Es gibt aber ein Rechtshilfeersuchen an die USA. Von daher sind wir nicht untätig.“ Tatsächlich war chronik-berlin.com am Mittwoch nicht erreichbar. Aus welchem Grund auch immer.