Neuerscheinung der MBR zur Rechtsextremismus- Prävention und -Intervention in der Jugendarbeit

Mit ihrer Broschüre “Integrierte Handlungsstrategien zur Rechtsextremismusprävention und -intervention bei Jugendlichen” lassen die Autor/innen der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) den alten und unfruchtbaren Streit für und wider „akzeptierende“ Jugendarbeit hinter sich. Vielmehr bieten sie konkrete Hilfestellungen für in der Praxis auftauchende Probleme:

Wie kann ich angesichts einer kulturell und ideologisch modernisierten rechtsextremen Szene erkennen, inwieweit Jungen oder Mädchen sich mit ihr identifizieren? Wie sehen sinnvolle Handlungsstrategien der Prävention und Intervention gegen Rechtsextremismus in der Jugendarbeit aus? Welchen Beitrag können Sozial-Pädagog/innen dazu in ihrem Wirkungsbereich leisten – und wo ist die Unterstützung durch Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft gefragt?

Dazu ist der Band reich bebildert und übersichtlich gestaltet. Mit seinem Raum für persönliche Notizen lädt er dazu ein, ihn als Arbeitshandbuch zu benutzen.

Der Band ist in drei aufeinander aufbauende, aber auch einzeln lesbare Kapitel gegliedert. Im ersten Teil wird anschaulich geschildert, auf welche Weise – beispielsweise über Musik, Lifestyle oder das „Spiel“ mit Codes und Symbolen – rechtsextreme Weltbilder über alle Poren in jugendliche Lebenswelten einsickern. Dabei wird deutlich, dass die jugendkulturelle Dimension des Rechtsextremismus heute keine abgeschottete und rein männlich dominierte Mono- und Subkultur mehr ist, wie es einst die rechtsextreme Skinhead-Szene war.

Vielmehr haben sich rechtsextrem (mit)bestimmte Erlebniswelten quer durch alle Jugendkulturen etabliert – vom Rock über Metal und Dark-Wave bis hin zum HipHop. So können rechtsextreme Orientierungen bei Jungen und Mädchen unspektakulär und in ihrem „normalen“ Alltag entstehen, im eigenen Zimmer oder in der Freizeitgestaltung mit Freund/innen. Organisierte Rechtsextreme greifen auf diese Milieus gezielt zu, indem sie über aktionsorientierte und niedrigschwellige Angebote der Freizeitgestaltung oder schlicht über persönliche Ansprache Bekanntschaften machen und Kontakte herstellen. Das dahinter liegende Ziel einer solchen „nationalen Jugendarbeit“ ist der Versuch, Jugendliche zu politisieren und zu rekrutieren. Das erste Kapitel schließt daher mit einem Überblick über rechtsextreme Strukturen mit ihren Angeboten für beide Geschlechter.

Im zweiten Kapitel werden rechtsextreme Weltbilder beschrieben, die über kulturelle Teilidentifikationen oder über deren direkte politische Einbindung in die Köpfe Jugendlicher gelangen. Anhand der alltagsnahen und mit rechtsextremen O-Tönen arbeitenden Darstellung wird deutlich, dass rechtsextreme Weltbilder von einem menschrechtsorientierten Standpunkt zwar unhaltbar erscheinen mögen, sie aber durchaus Sinnstiftung und Deutungsmuster für die realen Problem- und Lebenslagen des 21. Jahrhunderts bieten können.

Während die ersten beiden Kapitel Praktiker/innen Grundlagen für eine sichere Wahrnehmung rechtsextremer Orientierungen und Identifikationen von Jugendlichen vermitteln, werden im dritten und längsten Kapitel Handlungsstrategien und Methoden der Präventions- und Interventionsarbeit dargestellt. Neben Kriterien und Standards für die Arbeit mit rechtsextrem-orientierten Jugendlichen wird der Stärkung demokratisch-orientierter Jugendkulturen als Präventionsstrategie besondere Relevanz eingeräumt. Die durchgängige Beachtung der Kategorie „Geschlecht“ findet auch in den Handlungsempfehlungen ihren Niederschlag: Beschrieben wird, was die Autor/innen „geschlechtssensible Arbeit“ nennen.

Schließlich werden auch Grenzen der Prävention und damit Kriterien für Konstellationen benannt, in denen Jugendarbeit intervenierend handeln sollte: Zielgerichtete Interventionen werden dann notwendig, wenn Rechtsextreme versuchen, Räume schleichend zu besetzen oder andere Jugendliche in einer Einrichtung in der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit einschränken. Abgerundet werden die Handlungsempfehlungen durch den wichtigen Hinweis, dass Jugendarbeit zwar in ihrem direkten Einflussbereich wesentlich zur Rechtsextremismus-Prävention beitragen, aber alleine den Rechtsextremismus unter Jugendlichen nicht wirksam eindämmen kann. Dies kann nur im Zusammenspiel von Kommunalpolitik, Verwaltung, Schule, Familie und Zivilgesellschaft gelingen – ein auf umfassenden Erfahrungen beruhender Appell dafür, die in den vergangenen Jahren erreichte Breite und Vernetzung des demokratischen Engagements in den Kommunen zu erhalten und auszubauen.

Ein Auszug aus der Handreichung wurde vorab online im Themenschwerpunkt Rechtsextremismus der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht.

Zum Artikel ‘Rechtsextreme Jugendkulturen’ bei bpb.de

Einen weiteren Auszug finden Sie dort unter dem Schwerpunkt “Rezepte gegen Rechtsextremismus”.

Zum Artikel ‘Empfehlungen für die Jugendarbeit’ bei bpb.de

Eine Rezension der Broschüre des Mut-gegen-rechte-Gewalt-Portals finden sie hier

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